Außen- und Sicherheitspolitik (Rede im Plenum)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich dem Kollegen Kuhne für seinen breit angelegten Bericht sehr herzlich danken. Ich glaube, dass es von allergrößter Wichtigkeit ist, dass diese Sicherheitsstrategie, so wie sie vom Europäischen Parlament gesehen wird, von den vier größeren Fraktionen im Europäischen Parlament – von den Grünen, von den Sozialdemokraten, von den Liberalen und von meiner Fraktion – unterstützt wird. Auf diese Art und Weise haben wir eine Grundlage, die es beispielsweise vor 10 Jahren in dieser Frage noch nicht gegeben hätte.
Die Grundlage des Berichts ist die Sicherheitsstrategie, die Javier Solana entworfen hat. Die Bedrohungen, die Javier Solana gesehen hat, werden auch vom Europäischen Parlament in der gleichen Weise gesehen. Die drei größten sind sicherlich Terrorismus, Massenvernichtungsmittel sowie Konflikte in der Nachbarschaft, die auch direkte Auswirkungen auf die Europäische Union haben, weil die Flüchtlingsströme dann direkt die Bürger der Europäischen Union betreffen. Was mir und auch vielen anderen in dieser Analyse von Javier Solana fehlt, ist die Heimatverteidigung, die normalerweise den Anfang jeder Verteidigungspolitik darstellt. Wenn wir vergleichen, welche Aufmerksamkeit in den Vereinigten Staaten der Heimatverteidigung gewidmet wird und wie wenig man von dieser Sache bei uns in der Europäischen Union hört, dann glaube ich, dass hier ein Defizit herrscht, das aufgearbeitet werden muss.
Bei den Schlussfolgerungen in Bezug auf das, was getan werden muss, glaube ich, dass hier ein Ergänzungsbedarf besteht. Es ist nicht so, dass das, was hier als Schlussfolgerung vorgeschlagen wird, ganz konkret in Maßnahmen umgesetzt werden kann. Deswegen glaube ich, dass es wichtig wäre, dass wir als Nächstes ein Weißbuch über europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik bekommen, das ganz klare inhaltliche und zeitliche Vorgaben enthält, die etwas klarer sind als das, was bisher auf dem Tisch liegt.
Wichtig ist, dass die Kriseninterventionstruppe, die im Jahr 1999 beschlossen wurde und damals eine sehr virtuelle Kriseninterventionstruppe gewesen ist, heute bereits ganz konkret tätig geworden ist: in Mazedonien, im Kongo und jetzt in Bosnien-Herzegowina. Als mir bei einem Besuch, den der Unterausschuss Verteidigung dort gemacht hat, zum ersten Mal ein britischer General mit den europäischen Abzeichen, den Sternen am Ärmel, entgegentrat und sagte, er sei ein europäischer Soldat, habe ich festgestellt, dass hier etwas geschehen ist, was historische Ausmaße hat. Und Sie, Herr Minister, sprechen ganz beiläufig von europäischen Truppen, von Truppen der Europäischen Union – das ist eine Entwicklung, die ohne jeden Zweifel historische Bedeutung hat.
In Mazedonien bewährt sich auch der breite Ansatz, nicht nur militärische Maßnahmen zur Krisenbewältigung zu ergreifen; die Stärke der Europäischen Union besteht gerade im zivilen Teil der Friedenssicherung, wo wir auch mehr tun als die Vereinigten Staaten. Das ist ein gutes Konzept. Auf der anderen Seite – wie wir im Kosovo bei den plötzlich auftretenden Unruhen erlebt haben – muss man auch mahnend daran erinnern, dass unsere Truppen die Fähigkeit behalten müssen zu intervenieren und auch robust vorzugehen, wenn es darum geht, Minderheiten zu schützen. Das sind zwei gleich bedeutsame und schwierige Aufgaben, die unsere Truppen dort bewältigen müssen.
Die Kampftruppen, die jetzt aufgestellt werden, und von denen wir hoffen, dass einige von ihnen möglichst bald fähig sein werden, auch kurzfristig zu intervenieren und zur Verfügung zu stehen, brauchen die beste Ausrüstung. Auch das haben wir bei unserem Besuch in Bosnien-Herzegowina gesehen. Das sind Friedenssicherungsmaßnahmen, die dort von unseren Truppen verlangt werden. Wenn es dann darum geht, Frieden schaffende Maßnahmen, Kampfeinsätze durchzuführen, dann wird es sich negativ auswirken, dass unsere Truppen dort eine sehr heterogene Ausrüstung haben. Unsere Forderung ist die, dass die europäischen so genannten battle groups , die jetzt aufgestellt werden, eine möglichst gemeinsame Ausrüstung haben, dass sie mit neuen Entwicklungen möglichst rasch und zuerst ausgerüstet werden und dass hier ein Schwerpunkt gesetzt wird. Notwendig sind hier auch – wie uns vor Ort gesagt wurde – Helikopter, wenn große Räume gesichert werden müssen und zusätzliche minensichere Transportfahrzeuge. Das Räumen von Minen – wie uns gesagt wurde, soll es bis zum Jahr 2010 dauern, bis Bosnien-Herzegowina minensicher ist – geht zu langsam voran. Hier ist es notwendig, dass ein zusätzlicher Schwerpunkt unserer Arbeit auch finanziell gesetzt wird.