Europa nach Trump und Brexit
Eine breite Diskussion über die Zukunft des Europa der 27. hat der ehemalige Europaabgeordnete Karl von Wogau in einem Vortrag bei der Burschenschaft Vandalia in Freiburg gefordert. Im März 2019 wird Großbritannien die Europäische Union verlassen. Zum gleichen Zeitpunkt soll nach dem Vorschlag von Präsident Juncker ein Gipfeltreffen in Hermannstadt stattfinden, bei dem über den weiteren Kurs des Europa der 27 entschieden werden soll. Päsident Macron hat vorgeschlagen, daß im Verlauf des kommenden Jahres demokratische Konsultationen in den Mitgliedsländern stattfinden sollen, wo die Bürger der Europäischen Union ihre Vorstellungen und Wünsche einbringen können..
„Die Volksabstimmungen in England und Katalonien zeigen, daß die Bindungswirkung der Europäischen Union nachlässt, aber auch die der Nationalstaaten. Gleichzeitig verändert Trumps Diplomatie des Chaos die Rahmenbedingungen für die notwendige gemeinsame Außenpolitik der Europäische Union. In dieser Situation muß sich die Europäische Union auf einige wenige Projekte konzentrieren. , Weniger ist hier besser“. Als harten Kern der Europäischen Union bezeichnete Wogau den Europäischen Binnenmarkt, die Stabilität des Euro und die Entwicklung einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
„Eine der wichtigsten Errungenschaften der Europäischen Union ist die Öffnung der Grenzen zwischen den Mitgliedsländern. Voraussetzung dafür sind jedoch sichere gemeinsame Außengrenzen der Europäischen Union. Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, daß die Mitgliedsländer an der Peripherie wie Griechenland und Italien damit eindeutig überfordert sind. Darum muß die Europäische Union die Zuständigkeit für die Sicherheit der Außengrenzen übernehmen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg war die Einrichtung des Europäischen Grenz- und Küstenschutzes. In diesem Rahmen stehen 1700 Grenzbeamte für den Schutz der Außengrenzen zur Verfügung.
Der Euro ist trotz aller Schwierigkeiten eine Erfolgsgeschichte. Die jährliche Inflation ist niedriger als die der Deutschen Mark in der Zeit ihres Bestehens, der Wechselkurs ist stabil im Umfeld des Einführungskurses und international ist der Euro heute die zweitwichtigste Weltwährung. Besorgniserregend sind jedoch nach wie vor die Risiken für die internationalen Wirtschaftsordnung. Zur Stabilisierung des Systems wurden zahlreiche Maßnahmen getroffen, darunter die Einführung Europäischer Aufsichtsbehörden wie auch strengere Regeln für mehr Transparenz und die Zulassung von Derivaten. Nicht zuletzt der Europäische Rettungsschirm mit dem Stabilitätsmechanismus in Luxemburg mit einem Stammkapital von 700 Mrd. Notwendig ist zusätzlich die Einführung einer Insolvenzordnung für Staaten, um sicherzustellen, daß jeder für seine eigenen Schulden zuständig bleibt. Vor allem ist wichtig, daß sich alle Beteiligten an die Regeln halten, die sie selbst beschlossen haben.
Notwendig ist auch eine weitere Entwicklung der gemeinsamen Sicherheits – und Verteidigungspolitik. Trump hat erneut die alte Frage aufgeworfen, wie lange sich die Europäer darauf verlassen können, daß die Bürger der Vereinigten Staaten das Leben ihrer Bürger und ihrer Soldaten für die Sicherheit der Europäer zu riskieren bereit sind. Die Forderung Trumps nach der Einhaltung des 2% Ziels bedeutet für Deutschland, daß von uns erwartet wird, daß wir jährlich 20 Milliarden mehr für Verteidigung ausgeben. Dieses Geld sollte dafür verwendet werden, die gemeinsame Handlungsfähigkeit der Europäer zu verbessern“.
Karl von Wogau ist Ehrenmitglied des Europäischen Parlamentes und Generalsekretär der Kangaroo Group