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EUFOR-Überbrückungseinsatz im Tschad: Rede von Karl von Wogau vor dem Europäischen Parlament in Straßburg

Herr Präsident, verehrte Kollegen!

Die humanitäre Situation im Tschad, vor allem entlang der 1360 km langen Grenze mit Sudan, aber auch im Grenzgebiet zur Zentralafrikanischen Republik, macht ein Eingreifen der internationalen Staatengemeinschaft notwendig.

Ich selbst war vor wenigen Tagen im Tschad und habe mir dort ein Bild von der Lage gemacht.

Über 400.000 Flüchtlinge und Vertriebene hausen in dieser Grenzregion in Flüchtlingscamps. Diese Camps sind der permanenten Bedrohung durch Banditen, marodierende Banden aber auch durch Dschandschaweedmilizen aus dem Sudan ausgesetzt.

Noch schwieriger ist die Situation im flachen Land. Die dort fehlende Sicherheit führt dazu, dass immer mehr Menschen Zuflucht suchen in den Flüchtlingslagern.

Um den Not leidenden Menschen dort zu helfen, muss die Sicherheitslage in der Region verbessert werden, so dass sie in ihre Dörfer zurückkehren können.

Dies ist eine schwierige Herausforderung. Zu ihrer Bewältigung ist eine Arbeitsteilung notwendig.

Die Vereinten Nationen haben dabei die Aufgabe übernommen, zum Aufbau von Polizeikräften beizutragen.

Die Europäische Union wurde darum gebeten, Truppen zur Verfügung zu stellen, die in der Lage sind, die Dschandschaweed und die Banditen abzuschrecken und Übergriffe auf die Flüchtlinge, die Vertriebenen und die Zivilbevölkerung zu verhindern.

Mit dem vorliegenden Resolutionsentwurf stimmt das Europäische Parlament einem solchen Einsatz zu, allerdings nur unter gewissen Bedingungen.

Zu diesen Bedingungen zählt unter anderem, dass die Truppe ein robustes Mandat erhält, das auch tatsächlich eine Abschreckung ermöglicht.

Es gilt ein sehr großes Gebiet zu sichern. Die Truppe muss daher auch groß genug sein, um tatsächlich eine Verbesserung der Sicherheitslage erreichen zu können. Es muss dabei sichtbar sein, dass es sich um einen europäischen Verband handelt, an dem mehrere Nationen beteiligt sind.

Die EUFOR-Truppe muss zudem eine adäquate Ausrüstung erhalten, die ihr die Erfüllung ihres Auftrages ermöglicht. Im Hinblick auf die relativ geringe Truppenstärke und die Größe des Grenzgebietes erfordert dies vor allem hervorragende Fähigkeiten bei Aufklärung und Transport. Die Truppe muss in der Lage sein, rasch zu erkennen, wo Gefahr droht, und muss diesen Ort dann schnell erreichen können.

Es darf auf keinen Fall zu einer Situation kommen, in der eine EUFOR-Truppe im Tschad aufgrund ihres Mandates oder aufgrund von Ausrüstungsdefiziten nur dazu in der Lage wäre, sich selbst zu schützen, ohne ihren eigentlichen Auftrag erfüllen zu können.

Eine weitere Bedingung des Europäischen Parlaments ist es, dass eine klare Exit Strategie vorgelegt wird, aus der hervorgeht, wie und durch wen die EUFOR-Truppe nach der vorgesehenen Einsatzdauer von einem Jahr abgelöst wird. Dazu muss auch noch vor Beginn des Einsatzes die Einwilligung der Regierung des Tschad vorliegen.

Mit dem vorliegenden Resolutionsentwurf betont das Europäische Parlament zudem, dass diese EUFOR-Truppe im Tschad im Hinblick auf die komplexe politische Situation in der Region als neutrale Macht für Sicherheit und für den Schutz der Zivilbevölkerung agieren sollte.

Der Einsatz von EUFOR im Kongo letztes Jahr hat deutlich gemacht, wie wichtig eine glaubwürdige Überparteilichkeit und Unabhängigkeit für das gelingen eines Einsatzes sein kann.

Verehrte Kollegen, die Europäische Union kann in der gegenwärtigen Situation durch einen auf ein Jahr begrenzten Einsatz von EUFOR einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die humanitäre Situation in der Region zu verbessern und die Afrikanische Union bei der Übernahme von mehr Verantwortung in der Region zu unterstützen.

Beides ist notwendig. Ich bitte Sie daher, dem vorliegenden Resolutionsentwurf zuzustimmen.