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Karl von Wogau: Brüssel ist nicht Herrenchiemsee


Der Vorsitzende des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung im Europäischen Parlament, der Freiburger Europaabgeordnete Karl von Wogau (CDU), zeigte sich erleichtert dass es bei dem EU-Gipfel in Brüssel letztlich doch zu einer Kompromisslösung gekommen ist:

"Wir Deutsche haben bei Verfassung immer Herrenchiemsee im Hinterkopf, wo man sich zusammensetzte das Grundgesetz schrieb, das heute noch gilt. Auf europäischer Ebene entwickeln sich die Dinge jedoch auf andere Weise. In den vergangenen Jahrzehnten wurden immer wieder große Entwürfe für die Zukunft der Europäischen Union vorgelegt. So etwa der Tindemans-Bericht 1975 oder der Verfassungsentwurf von Altiero Spinelli 1984. Keiner dieser Entwürfe wurde auf einen Schlag umgesetzt. Wenn man diese jedoch heute durchliest, stellt man fest, dass sie inzwischen Schritt für Schritt verwirklicht wurden.

Das wichtigste Ergebnis des Brüssler Gipfels, der ein großer Erfolg von Angela Merkel war, ist die Stärkung der Europäischen Union im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik.

Zwar wird der Europäische Außenminister nicht so heißen, sondern Hoher Vertreter für die Außenpolitik, entscheidend ist jedoch, dass er auch Vizepräsident der Kommission ist, und dadurch die bisherige Konkurrenz zwischen Kommission und Rat in der Außenpolitik beendet wird.

Dies wird vor allem auch die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik weiter stärken, die in den letzten Jahren das sich am schnellsten entwickelnde Politikfeld auf europäischer Ebene war. In Zukunft wird es möglich sein, Programme der Kommission, wie etwa die Sicherheitsforschung oder die Entwicklungszusammenarbeit, enger mit den Aktivitäten des Rates im Bereich des Krisenmanagements zu koordinieren. Dies ist von großer Bedeutung, da gerade im Bereich des Krisenmanagements ein umfassendes Konzept und eine enge Abstimmung zwischen verschiedenen Instrumenten der Schlüssel zum Erfolg ist.

Wichtig ist auch, dass dem Hohen Vertreter für die Europäische Außenpolitik künftig ein eigener Diplomatischer Dienst zur Verfügung stehen wird.

Auch das demokratische Fundament der Europäischen Union wird gestärkt, die Haushalts- und Gesetzgebungsrechte des Europäischen Parlamentes werden erweitert, die nationalen Parlamente werden in die Entscheidungsfindung enger eingebunden und es wird die Möglichkeit von Volksabstimmungen geschaffen.

Zu bedauern ist die Tatsache, dass die Grundrechte nicht in den Vertrag selbst aufgenommen werden.

Das Ergebnis von Brüssel ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer europäischen Verfassung. Diese werden wir jedoch erst dann haben, wenn die Regeln der Europäischen Union nicht mehr in Verträgen zwischen den Mitgliedsstaaten ausgehandelt werden, sondern in einer Volksabstimmung direkt von den Bürgern Europas beschlossen werden."